Holger Lampson

(1951 – 2014)

war der Gründer, Leiter und Ideengeber der Akademie.
Er ist am 31.1.2014 über die Schwelle des Todes gegangen.

Er war geschäftsführender Gesellschafter der Alfred Schnittke Akademie International GmbH und ihr künstlerischer Leiter. Dort vermittelte er das Schaffen Alfred Schnittkes und anderer bedeutender Komponisten an junge, talentierte Musiker.
Er studierte Viola bei Heinz-Otto Graf in Hannover und Gesang bei Jürgen Schriefer in Witten. Er war Sänger und Gesangslehrer mit internationaler Reichweite (z.B. England, Kanada, Russland und den USA). Er war zentraler Mitbegründer des Musikseminars Hamburg im Jahre 1986, dem Vorläufer der ASAI. Holger Lampson lebte in Hamburg und Moskau, sprach die russische Sprache und war mit einer russischen Konzertsängerin verheiratet. Er absolvierte Fachstudien in musikalischer Aufführungs­praxis, Anthropologie, Morphologie, Physiologie, Phonetik, Poetologie, Ästhetik, Meditation.

Wir werden sein Erbe bewahren und versuchen, die Akademie in seinem Sinne weiter zu führen.

Alfred Schnittke und die Geschichte der ASAI

„Schaff ein Haus als Heimat für ein gewaltiges Lebenswerk, und lass junge Leute die Kunst eines der führenden Komponisten der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts aufgreifen, sich daran entwickeln und sie lebendig repräsentieren.“ (Holger Lampson über seine Intention zur Gründung der Alfred Schnittke Akademie International)

Alfred Schnittke gehört neben Gubaidulina, Schostakowitsch und Strawinsky zu den bedeutendsten russischen Komponisten. Sein umfangreiches Oeuvre ist in gleichem Maße Bestandteil der russischen wie der deutschen Kultur, wurde vielfach ausgezeichnet und besteht aus drei Opern, Balletten, neun Symphonien, Chorwerken, Instrumentalkonzerten, zahlreichen symphonischen und kammermusikalischen Werken und mehr als 60 Filmmusiken. Als Schnittke 1990 nach Hamburg zog standen seine Werke im Mittelpunkt des ersten Festivals “ Hamburger Begegnung im Zeichen Zeitgenössischer Musik“. Bis zu seinem Tod im Jahre 1998 lebte, arbeitete und wirkte Alfred Schnittke in seiner Wahlheimat Hamburg. Hier entstand in reger Wechselwirkung mit seinem Verleger und seinen Musikerkollegen nah und fern das produktive Klima für eine neue Schaffensphase, einen neuen stilistischen Ansatz. Es entstand sein sogenanntes Spätwerk.

Schnittke blieb über seinen Tod hinaus für Freunde und Kollegen und für unzählige Liebhaber seiner Musik nicht nur als Komponist lebendig sondern auch und ganz besonders als menschliche Leitfigur, als Gesprächspartner und Denker mit starkem Charisma.

Zu seinem Freundeskreis zählen für Hamburg Persönlichkeiten, wie Mark Lubotsky (Geiger), Sophia Gubaidulina (Komponistin), Viktor Suslin (Komponist †2012), Elmar Lampson (Komponist/Präsident der Musikhochschule Hamburg), Hans Wilfried Sikorski (Sikorski Verlag), Jürgen Köchel (Hamburger Mozart Gesellschaft), John Neumeier (Ballettchef), Peter Rusitzka (Komponist), Hermann Rauhe (Präsident Musikhochschule Hamburg a.D.), Reinhard Flender (Komponist), Justus Frantz (Pianist/Dirigent) und Georg Borchardt (Journalist). Auf Initiative von Prof. Mark Lubotsky, Irina Schnittke und Holger Lampson wurde von diesem Freundeskreis 2007 die Deutsche Alfred Schnittke Gesellschaft (DASG) gegründet.

Bereits während seines Musikstudiums kam Holger Lampson mit den Werken Schnittkes in Berührung, der in dieser Zeit in Deutschland an Bekanntheit gewann, und alles, was ihm dort begegnete, begeisterte ihn. Dort wurde ihm die Bedeutung Schnittkes für die Musikentwicklung bewusst und zog ihn in seinen Bann. 1990 begegnete er Schnittke persönlich, hörte zunächst Vorträge und Kompositionen, traf sich mit ihm später zu Gesprächen.

Seit seiner ersten Reise nach Moskau und St. Petersburg im Jahr 1989 entwickelte Holger Lampson ein sehr enges Verhältnis zur russischen Musikkultur. Er begann dort als Sänger und Gesangslehrer eine parallele Berufslaufbahn zu seiner Tätigkeit im Musikseminar Hamburg. Er sprach fließend Russisch und war mit einer russischen Konzertsängerin verheiratet. Durch die enge Vernetzung mit der russischen Musikkultur wurde auch sein Hamburger Institut mehr und mehr Anlaufstelle für Musiker aus Osteuropa.

Seit dem Umzug des Musikseminars in die Max-Brauer-Allee 24 im Jahre 2002 stand ihm der optimale Rahmen für ein anspruchsvolles Konzertleben zur Verfügung. Ein Konzertsaal und Seminarräume mit guten Instrumenten, guter Akustik, einem optimalen Raumformat für Kammermusik und einem kleinen, gewachsenen Stamm interessierter und musikalisch gebildeter Konzerthörer.

Die Begegnung mit dem russischen Komponisten Viktor Suslin († 10.07.2012), Leiter des in Hamburg ansässigen Belaieff-Verlages, wirkte als Initialzündung. Gemeinsam mit Suslin veranstaltete er hochrangige Konzerte mit prominenten osteuropäischen Musikern. Die russischen Musiker und Musikliebhaber in Norddeutschland entdeckten den Konzertsaal und verwandelten ihn allmählich in ein Zentrum für ihre musikalischen Impulse. Die Gründung der Deutschen Alfred Schnittke Gesellschaft (2007), deren Vizepräsident Lampson wurde, folgte dieser Entwicklung. In der besonderen Atmosphäre des Hauses und in seiner freiheitlichen, unternehmerischen Organisation lag eine wichtige Voraussetzung dafür.

Um das Werk und die kulturellen Impulse Schnittkes für Musikstudenten und junge Berufsmusiker in seiner Vielfalt aufzuschließen und um der Aufführungspraxis osteuropäischer Musik jugendliche Energien zuzuführen, gründete Holger Lampson zusammen mit Uwe Harries im Jahre 2009 die Alfred Schnittke Akademie International (ASAI).